8thcourtyard

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In 8th sucht die Liebe on Dezember 27, 2010 at 11:58 am

1 + 1 = -1.de

Wer hätte das gedacht.

Ich bekam tatsächlich 6 Beschwerde-eMails.

Ich ließe meinen Blog schleifen. Man verlange nach neuem Lesestoff.

Wow.

Zum einen möchte ich danken, da ich immer noch verblüfft bin, dass jemand sich die Zeit nimmt all das zu lesen, was mein krankes Hirn hier so ausspuckt, zum Anderen möchte ich korrigieren:

Ich habe nichts schleifen lassen, ich habe recherchiert.

Es ist mir bewusst geworden, dass Menschen immer Menschen anziehen, die einem selbst ähneln. Verschärft wurde dieses Phänomen in den letzten Jahren, in denen wir alle mehr arbeiten als zuvor, weniger ausgehen, weniger Freizeit geniessen, oder gar anfangen in unseren Büros zu übernachten.

So ergab sich folgerichtig der Umstand, dass man sich gezwungenermassen nur mit Menschen umgibt, die zumindest eins mit einem gemeinsam haben – den selben Job.

Dadurch geprägt, im weitesten Sinne, auch das selbe Umfeld, das selbe soziale Netz und oftmals auch den selben gesellschaftlichen Status.

Was nun?

Seien wir doch ehrlich.

Beim Weggehen jemanden Kennenzulernen ist im Zeitalter von tausend Online-Datingagenturen so wahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto. Die meisten Menschen haben es scheinbar aufgegeben sich im wahren Leben die Mühe zu machen einen anderen Menschen kennenzulernen, da es … ja… seien wir doch einfach mal ehrlich: anstrengend ist.

Es ist viel bequemer sich zu Hause auf dem Sofa mit ´ner fetten Tüte Chips in Ruhe durchzulesen, wie alt jemand ist, sich seine Urlaubsfotos anzusehen, seinen Beruf und seine Freunde mit einem Mouse-Klick zu erforschen – kurz: Alle seine „States“ abzurufen, ohne nur einmal „Hallo“ gesagt zu haben.

Großer Vorteil des ganzen:

Da fallen mir spontan sogar einige ein.

1.) Man muss sich nicht „aufhübschen“, man muss sich nicht bemühen zu gefallen, denn immerhin stellt man eh nur die Bilder online auf denen man überdurchschnittlich gut aussieht. Besitzt man solche nicht, bezahlt man Menschen, die einen dann zumindest auf den Fotos so aussehen lassen – und die, die es sich leisten können, bezahlen Menschen, die sie operieren, um auszusehen, wie auf Fotos, die bezahlte Menschen stundenlang bearbeitet haben.

Ergo: Eine Idealvorstellung unserer selbst, die wir im Netz stolz präsentieren können.

Ergo: Wir als Produkt. – gern gesehen in Glanzfolie.

2.) Sollte es zur komplett abstrahierten Kontaktaufnahme im Sinne eines Chates kommen, so muss ich mir nicht Gedanken darüber machen, wie ich rieche, was ich sage, wie ich wirke, was meine Körpersprache verrät… nein… ich kann sogar noch mal Korrekturleses, bevor ich meine literarischen Ergüsse absende. (An dieser Stelle gebe ich zu, dass dies zu 99% die wenigsten Menschen tun, denn immerhin ist der Chat die Mutter der „generellen Kleinschreibung“, der „Kommawillkür“ und des „grammatikalischen Sodom und Gomera“ – kurz: die Hartzler-Mama der neuen Analphabeten-Generation.)

3.) Sollte ich mich doch im wahrsten Sinne des Wortes vertippt haben und möchte das Gespräch beenden, so klappe ich im einfachsten Falle meinen Laptop zu und muss mit keinen weiteren Konsequenzen rechnen.

Im wahren Leben etwas schwieriger, es sei denn man kann verdammt schnell laufen.

Klarer Nachteil des ganzen:

Man verkommt zum kompletten Kommunikations- und Gefühls-Vollidioten, die Gefühle mit „ *grins* “, „ lol “ und „ hdl “ auszudrücken versuchen.

Und trotzdem scheint das Internet für viele die einzige Möglichkeit zu sein, jemanden kennenzulernen, der die eigenen sozialen Grenzen sprengen könnte.

Also liegt es am Netz? Oder liegt es an uns, die wir ja das Netz kreiert haben?

Ich schweife mal ab…

Vor kurzem hatte meine beste Freundin ihren 40. Geburtstag. Ja… sie ist alt geworden – in meinen 27-jährigen Augen „sehr alt“ sogar. Immerhin verweigere ich bis heute die Vorstellung jemals 30 werden zu können.

Aber gut – das soll nicht Thema des heutigen Tages sein.

Ich habe für ihren Geburtstag ein Video vorbereitet, in dem ich ihr ganzen Leben, oder zumindest die wichtigsten Stationen in ihrem Leben Revue passieren ließ… und da fiel mir eins auf. Sie hat tatsächlich die Liebe gefunden und einen Mann geheiratet, der sie abgöttisch liebt. So sehr, dass es mir selbst fast Angst machte. Nun weiß ich auch von ihrer Seite, dass diese Liebe erwidert wird… zwar selten verbal, aber immerhin tagtäglich im vollen Bewusstsein der wahren Liebe.

Wie funktioniert das also bei den beiden?
Haben die auch gechatet?

Hat Harry damals den Laptop nicht zugeklappt und ihr in grammatikalischer Willkür einen Heiratsantrag gemacht…

Nein.

Sie haben sich bei einer Mitfahrgelegenheit kennengelernt. Sich verliebt, tausend Mal Schluss gemacht, um dann endlich zu verstehen, dass sie am Optimum angelangt waren.

Aber ich frage immer noch:

Wieso?

Und hiermit möchte ich zu meiner Ursprungsthese zurückkehren:

Der Mensch zieht Menschen an, die ihm ähneln.

Und auch wenn Uli und Harry komplett unterschiedlich sind, so konträr wir man nur sein kann – so ähneln sie sich in einem sehr.

Beide haben erkannt, dass sie Liebe verdient haben und fähig sind Liebe zu geben.

Ich denke auch, dass genau hierin das Geheimnis ihrer nun 14-jährigen Beziehung liegen muss.

Anders kann ich es mir auch nicht erklären, dass der eine die Macken (und diese sind zahlreich) des Anderen aushält.

Es muss einfach Liebe sein.

Ein weiterer Punkt, auf den ich bei meiner Recherche stieß, ist, dass selbst wenn wir nun nicht zum vollkommen Kommunikation-Vollidioten verkommen sind und uns selbst Liebe gönnen können und auch diese an andere weitergeben können, so stellt sich uns ein weiteres Problem.

In meinen Augen sogar ein, in unserer Zeit, unüberwindbares:

Im Zeitalter von Online-Shopping und Massanfertigungen sind wir es gewohnt alles so zu bekommen, wie wir es wollen. Bedingungslos perfekt. Wir sind es gewohnt bei Mängeln zu reklamieren, uns etwas Neues zu holen, oder zumindest einen deftigen Preisnachlass zu verlangen. Gut ist uns nicht gut genug, es muss heute perfekt sein.

Immerhin arbeiten wir für unser Geld und wollen dafür auch das Maximum erhalten.

Gut bei Möbeln, schlecht bei Beziehungen.

Leider haben wir diese Mentalität des Hochglanz-Gucci-Daseins so sehr in unser Leben adoptiert, dass wir es nicht mehr gewohnt sind mit Fehlern umzugehen, schon gar nicht diese zu lieben.

Wir begehren das Perfekte, das Makellose, das Ideale, oder zumindest das Idealisierte.

Zudem identifizieren wir uns immer mehr mit dem was wir besitzen.

Ich bin ein guter Mensch, weil ich einen Golf hab. Ich ein besserer, weil ich nen BMW hab. Aber mein Nachbar muss noch besser sein, weil er hat beides.

Wir kaufen nicht mehr nur ein um uns zu befriedigen, sondern auch um unser Bild nach aussen so zu gestalten, dass wir auch wirklich befriedigt sind.

Meinungsforscher haben herausgefunden, dass es wichtiger ist, dass etwas teuer aussieht, als dass es qualitativ hochwertig ist.

Wir machen uns nicht mehr die Mühe uns selbst zu definieren und aus uns selbst ein Symbol zu machen, sondern kaufen uns ganz einfach Status-Symbole, die die Definition unserer selbst  uns komplett abnehmen.

Und wehe, wenn da ein Kratzer drin ist.
Wir dulden keinen Fehler in unserer eigenen Definition.

Und wenn wir nun zusammenfassen – und uns alles definiert, was wir haben, oder uns anschaffen, und wir darin aber akribisch auf Perfektion achten, so stellt sich mir die Frage:

Wie kann ich mir einen Partner „leisten“ der nicht „fehlerfrei“ ist?

Immerhin reflektiere ich automatisch seine Fehler auf mein eigenes undefiniertes Ego und habe augenblicklich das Verlangen ihn umzutauschen.

Aber wieso hat Harry seine Frau nicht gegen eine Jüngere, Schönere, Klügere umgetauscht?

Ich weiss es nicht…

Vielleicht ist es Stärke, die Fehler anderer nicht in mir selbst reflektierend zu sehen,…

Vielleicht ist es Leichtsinn, blind zu vertrauen,…

Vielleicht ist es aber Liebe, die Fehler des anderen zu lieben, denn immerhin gehören sie zu ihm…

Aber gut… lassen wir das. Ich geh shoppen, ich brauch ne neue Persönlichkeit – oder zumindest eine neue Tasche *grins* …