8thcourtyard

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3. Gebot: Wir daten Menschen und nicht Pornos.

In 8th sucht die Liebe on Oktober 31, 2010 at 1:14 pm

An dieser Stelle möchte ich das Wort an alle Männer da draussen richten. Egal ob Hete oder Homo.

Alle Schwanzträger einen Schritt vor.

Es gibt zwei Sachen, die ich und, aus Erzählungen, die meisten Frauen, die ich kenne einfach nur lächerlich im Bett finden. Zum einen Babysprache.

(An diesem Punkt glaube ich kurz für die Menschheit zu sprechen.)

Wenn ihr euch schon in Dirty Talk versuchen wollt, dann tut es richtig. Das sind „Titten“ und keine „Tittis“. Und niemand möchte dem „unartigem kleinen Jungen den Popo versohlen“ – niemand. Wenn, dann wollen wir einen erwachsenen Mann unterdrücken, ihn foltern, ihn schlagen. Auf den Arsch. Nicht den kleinen Jungen auf den Popo. Verstanden?

Und wenn euer Dirty Talk, der scheinbar für viele unabdinglich zu gutem Sex dazugehört, die Pubertät überstanden hat, dann bitte – bitte – in Maßen. Das ist echter Sex, den ihr da mit uns habt. Es ist kein Porno. Es ist das wahre Leben. Also will niemand hören, dass ihr gerade eine „dreckige Fotze fickt“. Es will niemand irgendwelche blöden Zitate aus den 12 Geschwollenen, oder dem Fick der Sterne. Ihr seit kein Soldat, kein Jedi-Ritter und auch kein Anwalt. Und solltet ihr es doch sein, dann bitte nicht im Bett. Es hat niemand etwas gegen ein „Fick mich“, wenn die Halbzeit vorbei ist und man direkt auf das Finale mit hoffentlicher Verlängerung zusteuert. Aber bei keinem Spiel der Welt schreien die Cheerleader ununterbrochen. Also müsst ihr es auch nicht tun. Wir brauchen keine Anweisungen im Bett. Und auch nicht unbedingt permanente Bestätigung. „Gut, gut … ja… genau so… ja… genau dort.“ Nein. Schon mal etwas gehört von „der Gentleman genießt und schweigt“. Es heißt „schweigen“ und nicht „ständig ja-du-geiles-Stück-brüllen“.

Ich persönlich bin eher der ruhigere Typ mit eingebautem Orgasmusfrühwarnsystem. Also dem klassischen „…ich komme… ich komme… ich komme…  – JETZT!“ Und ich finde, dass das genügt.

Bitte versteht mich nicht falsch. Ich unterscheide stark zwischen sprechen und stöhnen. Und Letzteres ist erwünscht. Mehr sogar. Pflicht bei gutem Sex, oder Höflichkeit bei Schlechtem. Aber niemand will einen Porno nachspielen. Und wenn ihr einmal ehrlich zu euch selbst wäret, müsstet ihr zugeben, dass die Meisten von euch in Sachen Größe, Dicke und Stehvermögen einem Pornodarsteller auch nicht wirklich das Wasser reichen können. So versucht es bitte nicht durch deren Vokabular wieder gut zu machen. Dadurch wird aus einem Schwänzchen auch kein Schwanz. Also. Vorschlag. Wir sagen nie wieder „Schwänzchen“, wenn ihr nicht jeden Sex mit uns als ein Casting für „Der Pimmelnator“ anseht.

Standpauke Ende.


2. Gebot: Ganz oder gar nicht – und definitiv ohne „-chen“

In 8th sucht die Liebe on Oktober 30, 2010 at 6:15 pm

Thema:
„die magischen drei Worte“

These:
Von diesem Worttrio gibt es meiner Meinung nach zwei. Zum einen natürlich die romantischen, Herz höher schlagen lassenden, oder aber auch Brechreiz auslösenden drei „Ich liebe dich“.
Lil und ich sind uns einig. Oft – fast immer ist es unnötig es auszusprechen. Ich finde sogar, dass man übersparsam damit umgehen sollte.

„Ich liebe dich.“ – Großartig. Einfach nur großartig.

Ganz im Gegensatz zu seinem engsten Verwandten. Dem zweiten Worttrio.
Diesem möchte ich mich etwas ausführlicher widmen, da es in meinen Augen ein Novum darstellt. Über „Ich liebe dich“ gibt es Bücher, Buchbände, Bildbände, Poster, Postkarten, Enzyklopädien, Internetseiten, T-Shirts,… ganze Industrien bauen auf dem magischen Worttrio Nr.1 auf. Aber ich habe bisher kein T-Shirt, kein Buch, keine Postkarte gesehen, oder gar von einer gehört, die sich voll und ganz seinem Bruder widmet. Er gerät scheinbar komplett in Vergessenheit. Ich spreche von den magischen drei Wörtern:
„Wir müssen reden.“
Sie werden eben so oft gebraucht, wie ihr Pendant. Wenn nicht öfter. Blicke ich auf meine bisherigen Beziehungen, so überwiegt eindeutig Worttrio Nr.2! Es ist auch viel facettenreicher, vielseitiger als ein „Ich liebe dich“, welches in Eindeutigkeit nicht zu übertreffen ist.
„Wir müssen reden“ kann stehen für:
„Verpiss dich.“
„Verpiss dich sofort.“
„Verpiss dich mit zwei Wochen Frist.“
oder
„…ich habe jemanden kennen gelernt, der besser ist – im Bett, beim Kaffee, beim Fummeln, beim Reden, bei Allem…“
„…ich bin dir fremdgegangen und hab´ jetzt ´nen Tripper, weil ich dachte, ich würde ihn noch rechtzeitig rausziehen – schäme mich jetzt aber und werde dich anlügen und sagen, es stimme nicht mehr zwischen uns, weil ich mir nicht die Blöße geben möchte, mit der Wahrheit rauszurücken…“
„…Schatz, ich würde gerne noch etwas blöd durch die Gegend ficken, bevor ich mich fest binde…“
Oder aber, wie zum Beispiel in meinem Fall…
„Ich weiß nicht, was ich will, aber ich weiß, dass ich dich nicht will.“
Die Liste ist endlos.
Aber alle Gespräche beginnen mit den „magischen drei Worten“ Nr.2. Wie ehrlich die Diskussion ist, die sich daraus ergibt, ist unterschiedlich. Entweder es wird die pure Wahrheit, oder pure Lüge. Eigentlich ist es auch egal, denn danach ist eh Schluss.
Und nach einer kurzen Gesprächspause, nachdem sich beide mit Vorwürfen bombardiert haben, wird er lüstern fragen: „ Ein letzter Fick?“ und sie wird mit steigender Wahrscheinlichkeit sagen „Ja.“   (Sex and the City“ sei dank). Oftmals landet man dann wenige Wochen später beim Abholen der letzten Sachen aus der Wohnung des anderen erneut im Bett, bis sich eben alles im Sand verläuft und jeder neue Wege geht.
Halten wir also fest: Eine Beziehung beginnt interessant zu werden ab dem Nicht- Sagen, sondern Wissen der „magischen drei Worte“ Nr.1 und ihr Ende wird eingeläutet durch deren Bruder, die „magischen drei Worte“ Nr.2.
Normalerweise.
Bei mir läuft es so ab, dass Worttrio Nr.2 Nr.1 zuvorkommt. Nachdem mir mein „Partner“ zig Mal seine Liebe gestanden hat und es eigentlich an mir wäre endlich mal etwas zurückzugeben, springe ich gleich zum Punkt 2 der Tagesordnung über und mache Schluss. Eingeläutet durch die klassischen Drei „Wir müssen reden“.
Bisheriger Rekord meiner Dreistheit, folgender Dialog:
„Mathias, ich liebe dich.“ – „Wir müssen reden.“

Aber ich muss warnen, auf ein Ungetüm der deutschen Sprache aufmerksam machen, bevor ich das Thema ad acta lege. Sollte dies Herr Bastian Sick in einem seiner Bücher schon getan haben, so bitte ich an dieser Stelle um Entschuldigung.
Beim „ich liebe dich“ stehen wir in Deutschland vor einem schwer zu lösendem Problem. Es gibt hier zulande zu viele –ich nenne sie- Pseudo-„ich liebe dich“-s.
Beispiele hierfür sind „Ich mag dich sehr, liebe dich sogar.“ oder „Na, ich liebe dich halt.“
Es genügt auch schon die berühmte Abstinenz des „e“, um aus dem höchsten Gefühl einen Schlag ins Gesicht zu machen. Das „Ich lieb_ dich“ ist gleichzusetzen mit „Ich liebe dich – fast“, „Ich liebe dich aber eben nicht so ganz.“ oder „Ich liebe dich – so wie meinen Hund.“
Auch wenn durch das Weglassen des „e“ aus dem zweisilbigen „lie-be“ das einsilbige „lieb“ wird und es somit leichter von der Zunge geht, so sollte man es sich einfach sparen. Hier gilt „Entweder ganz oder gar nicht!“. Und seltsamerweise kackt auch niemand rum, wenn es darum geht Liebesbekundungen an Sachen, Dinge oder Sportarten loszuwerden.
„Ich liebe Erdbeeren.“
„Ich liebe Sex am Morgen.“
„Ich liebe Fußball.“
Vielleicht sollten wir uns hier (und bitte wirklich nur an dieser Stelle) ein Beispiel an den Amerikanern nehmen. Die lieben einfach alles.
„Oh – I´m loving it.“
„I love you.“
„I love everything.“
„I love Georg W. Bush.“
„I love throwing bombs on other countries.“
Stopp – vergessen wir es lieber. Kein Beispiel an den Amerikanern nehmen. Nie.
Das Einzige worum ich sie beneide, ist die Nicht-Existenz von         „-chen“ und „-lein“ und Oreo-Keks im Überfluss.
Ich möchte hier nicht auf die Unmengen von Verliebkosungen eingehen, die einfach nur bulimiesch auf mich wirken. Nein – ich möchte mein Wort an alle Frauen da draußen richten und ihnen mitteilen, was Schwule schon längst verstanden haben. Dies tue ich Achim zu Liebe (zu Liebe, nicht zu Lieb_!), der neben der Dominanz seiner Frau auch eine Erwähnung in diesem Buch verdient hat.
Frauen, es heißt Schwanz. Nur Schwanz. Nur. Verstanden?
Ich weiß, dass ihr große Freunde von Spatzilein, Schätzchen, Mäuschen und Schatzilein seid, aber gönnet euren Männern diesen Triumph.
Es heißt Schwanz.
Als Kosenamen kommen höchstens „Monsterprügel“, „Riesenkeule“, „Hammer“ oder „Killerdegen“ in Frage. Niemals – und ich wiederhole – niemals „Schwänzchen“.
Egal wie groß er ist. Niemals „Schwänzchen“.
Das ist so, als würdet ihr sagen „Sieht aus wie ein Schwanz – nur kleiner.“
Versteht ihr nicht?
Sagt uns wir seinen blöd, ungebildet, unkreative Vollidioten, unromantische Biersäufer, hätten keinen Geschmack, verstünden nie, worum es euch ginge, könnten nie die Arbeit verrichten, die ihr Tag für Tag auf euch nehmt,…
All das – aber sagt niemals Schwänzchen.
Das ist unser Männlichkeitssymbol. Der Phallus. Unsere Waffe. Immer zum Abfeuern bereit. Kurz: Unser Amerika.

Wir tun alles, damit das dort groß und prall aussieht. Deshalb lassen sich auch Männer nach Hodenkrebs und dem Verlust eines „Bällchens“ ein Hodenimplantat setzen. So wie Frauen sich eben die Brust vergrößern, verkleinern, liften, straffen. Manche Männer gehen sogar soweit und lassen sich ihr bestes Stück operativ verlängern. Versteht ihr nun? Männer nehmen eine Vollnarkose, wochenlange Schmerzen auf sich, um einen Schwanz und kein Schwänzchen zu haben. Es ist unser ganzer Stolz. Da steckt alles drin. Dadurch feuern wir unser Gen-Material raus. Erhalten dadurch die Menschheit. Die Zivilisation würde ohne unsere Schwänze nicht existieren.
Da darf man nicht ein „-chen“ draus machen.
Das ist so, als würden wir zu euch sagen „Wow, geile Titten, nur irgendwie hängen die ein bisschen.“ oder „Nein Schatz, ich finde deine Cellulite geil – das ist sexy.“.
Emanzipation hin oder her. Nehmt uns alles. Werdet Kanzlerin. Fahrt Autos. Baut Autos. Tragt Hosen und lasst sie uns für euch nähen. Alles. Nehmt!
Ihr dürft sogar vor, während und nach dem Sex fragen, ob wir euch lieben, was wir denken und ob wir auch diese „Magie“ spüren. Alles.
Aber bitte – lasst uns in dem Glauben einen riesigen, saftigen, mächtigen Monster-Schwanz zu haben. Der Großteil von uns hat heutzutage genügend Komplexe. Und zugegeben. Die meisten Männer überschätzen sich auch, was Länge und Breite anbetrifft. Deshalb wird auch in öffentlichen Toiletten immer vor das Pissoir gepinkelt, anstatt gleich zu treffen. Sie denken er sei eben länger. Oder hatten ihn länger Erinnerung aus dem letzten Traum, in dem die zwei scharfen Zimmermädchen sich erst um ihn in einer Schlammgrube, die zufällig neben dem Hotelzimmerbett gegraben war, schlagen mussten. So sind wir eben. Dreibeiner. Schwanzdenker. Schwanzillusionäre. Und insgeheim auch alle Schwanzliebhaber.

Gebot 1 1/2: Überhöre deine Freunde, um sie lieben zu können.

In 8th sucht die Liebe on Oktober 30, 2010 at 10:52 am

Es ist wohl wirklich eine Kunst gemeinsam zu schweigen, ohne peinliche Stille aufkommen zu lassen.

Sofa, zwei Menschen, kein Fernseher, kein Buch, keine Zeitung… kein Wort.

Auch Lil und ich haben diese Kunst zu unsere gemacht.

Es funktioniert auch fast immer. Fast.

Ausfälle sind zu verzeichnen, wenn Lil mal wieder in Euphorie getränkt die Treppen zu ihrem Wohnzimmer herunter hetzt, um Achim, ihrem Ehemann, und mir eine neue Entdeckung auf der Suche nach Erleuchtung zu präsentieren.

So geschah auch letzten Dienstag.

(wichtige Anmerkung: Der letzte Dienstag fand in Lils jetzigen Leben statt – nicht in einem ihrer Früheren.)

Wäre ich Drehbuchautor, so würde ich schreiben:

Szene 1

Achim und Mathias sitzen gelangweilt neben einander auf dem Sofa im Wohnzimmer und schauen fern. Das Wohnzimmer ist puristisch eingerichtet. Hell. Mit „aufgemotzten“ Details aus der Fundgrube IKEAs, die zu Lampen umgebaut wurden und dem ein oder anderen BoConcept-Stück.

Auftritt Lil, freudig aufgebracht, euphorisch, überschwenglich

Lil: Ich habe etwas Unglaubliches entdeckt.

Achim und Mathias reagieren mit zurückhaltendem Interesse, lösen allerdings, um unnötige Diskussionen, man würde Lil keine Aufmerksamkeit schenken, zu vermeiden, ihren Fokus vom Fernseher und imitieren Interesse an Lils neuster Entdeckung.

Achim und Mathias: Aha!

Lil: Ich habe einen Mann gefunden, der Krebs heilen kann.

(Kurzer Einschub: Würde Achim und mir ein „normaler“ Mensch begegnen und uns von der ultimativen Krebs-Heilung erzählen, wären wir beide definitiv aufgeregt und interessiert, aber bei einer Frau, die hinter jedem Pickel einen Tumor und hinter jedem Hautausschlag die Syphilis vermutet, hält sich unsere ausartende Begeisterung in Grenzen.)

Achim und Mathias: Aha!

Lil: Ja, es ist der Wahnsinn. Der Mann hat ein Gerät entwickelt, dass die Zellspannung misst. Er ist der Einzige auf der ganzen Welt, der dieses Gerät hat und damit kann er Krebs heilen.

Achim und Mathias: Aha!

Lil: Und das Geniale an dem Ganzen ist, dass man gar nicht Krebs haben muss, um ihn von diesem Mann heilen lassen zu können. Das Gerät, das er entwickelt hat, nennt sich Decouder (englisch ausgesprochen) und damit kann er dir sagen, ob du Krebs bekommen wirst, oder nicht. Und wenn ja, dann kann er ihn heilen, bevor du ihn überhaupt bekommst. Genial, oder?

Achim und Mathias können an dieser Stelle ihr Lachen nicht mehr zurückhalten und Mathias fasst unter lautem Gelächter ironisch zusammen. Lil allerdings bemerkt diese Ironie nicht, da sie immer noch fasziniert von ihrer Entdeckung sicher ist, nun endlich die Welt retten zu können.

Mathias: Aha. Also du gehst gesund zu einem Mann, der einen Kasten erfunden hat, der Decouder heißt, den aber nur er hat. Er sagt dir, dann, dass du Krebs bekommen könntest, aber wenn du ihm Geld gibst, dann bekommst du es nicht?

Lil: Ja! Genial, oder?

Auftritt eines Kindes mit einer blutenden Wunde, welche es sich beim Spielen zugezogen hat. Kind weint und schreit „Mama“.

Lil: Oh Lilli, das ist doch nicht schlimm. Ich hab da so Globoli. Die helfen dir.

Abgang Lil und Kind zum Arnika-Noteinsatz.

Szene 1 Ende

Auch wenn man denken würde, dass eine erwachsene Frau aus ihren Fehlern lernen würde, so kommt Lil immer wieder mit neuen Genialitäten der alternativen Medizin auf uns zu, berichtet, erntet Gelächter und geht trotzdem zu Wunderheilern, Ghost-Rappern und Freizeit-Magiern und kämpft somit für eine besser Welt. Eben auf ihre Art. Mit oder ohne Decouder.

Und trotz des Wissens um ihre Anfälligkeit und Leichtgläubigkeit lassen Achim und ich uns ab und zu doch überreden die Wege der alternativen, übersinnlichen Heilungsmethoden auszuprobieren.

Und so lies sich Achim den Daumen eines russischen Wunderheilers in den Arsch stecken um seine Seele zu finden. Stieß dabei allerdings nur auf eine Hämorride. Und ich ließ mein junges Leben auf Traumata untersuchen und erhielt die frohe Botschaft immerhin zwei Traumata-freie Lebensjahre aufweisen zu können.


1.Gebot: Liebe deine Freunde! (und an manchen Tagen: Halte sie aus!)

In 8th sucht die Liebe on Oktober 29, 2010 at 10:02 pm

Lil ist ein sehr wichtiger Mensch in meinem Leben – und weil ich sie mittlerweile in und auswendig, korrigiere ich gleich und schreibe „sie sei der wichtigste Mensch in meinem Leben“, um mir wütendes Geräusper und hartes Aufschrecken ihrerseits zu ersparen.

Zeitgleich ist sie allerdings das personifizierte Vergessen.

Ein Beispiel: Man rufe sie um 16 Uhr an, erinnere sie an drei Dinge. Beispiel: ein Paar Socken, ein Buch und eine Gabel. Um 17 Uhr 30 verlässt die Dame das Haus. Und was hat sie dabei? Genau. Eine Socke. Die Andere hat sie nicht mehr gefunden, da sie eigentlich um 17 Uhr losfahren wollte, aber es irgendwie verplant hatte, oder einfach nur auf der Sonnenliege die Zeit vergaß. Offizielle Version: „Ich hatte Stress!“ Dann erklärt sie einem, welch ein „Stress“ es war allein schon diese eine Socke mitzubringen und versucht so gar keinen Raum zur Klage um die Zweite zu lassen.

„Und Buch? Die Gabel?“

„OH – da hättest du anrufen müssen.“

„Hab ich..“

„Aber mir keine SMS geschrieben, oder?“
„Ah ja…“
„Hey – ich hatte Stress.“

„Wie immer.“

„Hey – ich habe Kinder.“

Und somit bin ich schachmatt gesetzt. In Anbetracht ihrer zuckersüßen Brut kann ich mir meine „Kondome-schützen“-Argumentation sparen. Also akzeptiere ich und freue mich über meine Socke. Zumindest die Eine. Und wer weiß, mit ein wenig Glück habe ich nächste Woche Socke Nummer zwei, die Woche drauf vielleicht Gabel und dann vielleicht sogar mal das Buch. Vorausgesetzt der „Stress“ nimmt nicht überhand.

Das Argument der Kinder ist zeitgleich neben der Stress-Ausrede, die Erklärung für alles. So wie manche Menschen bei einer Diskussion nach einiger Zeit nur noch mit „Trotzdem…“  argumentieren. Lils „Trotzdem…“ ist einfach im Laufe der Jahre zu einem „Ich habe Kinder“ geworden. Sprich: Ihr Standard-Argument, wenn sie eigentlich keines mehr hat.

Ein Beispiel.

Es gibt anscheinend Menschen (ich kennen einen), die nur schlafen könne, wenn der Schlafraum einem lichtleeren Vakuum ähnelt. Einem schwarzen Loch. Es darf kein Lichtstrahl, keine sanfte Note einer durch den Vorhang schimmernden Straßenlaterne, keine leichte Projektion eines Radioweckers, kein unter dem Türspalt durch blendender Lichtstrahl – ja nicht mal ein Lichtatom im Raum herrschen, sonst können diese Menschen nicht schlafen. Kurz: Sonst wird Lil zur Furie.

Ich habe es mir ein einziges Mal erlaubt diese Umstände zu hinterfragen.

„Vor der Geburt war das anders, aber seitdem ich Kinder habe… (da ist es wieder- das Schachmattargument) …sind wahrscheinlich meine Sinne geschärft.“

Ah – verstehe. Klar. Die wachsame Adlermutter, die schützend um ihr Nest kreist.

Aber es sei doch eine kurze Gegenfrage erlaubt.

Die erstickenden Kleinkinder, die nachts nach Luft ringend um ihr Überleben kämpfen, geben die Lichtzeichen? Kämpfen sie sich wie Rambo durch den Dschungel, durch ihr Bettchen, vorbei an Rasseln, Plüschtigern, Schnullern, um zum rettendem Lichtschalter zu gelangen und der Mutter mit letzter Kraft Lichtsignale zu senden? Sozusagen kodierte Morsezeichen? Und hat jemand schon mal folgendes Szenario gesehen, miterlebt oder zumindest mal davon gehört: Eine Mutter wacht mitten in der Nacht in einem lichtleerem Raum auf, der Mann neben ihr wir ebenfalls wach und fragt nach der Ursache der Unruhe und bekommt als Antwort ein hysterisches, aber zum Kampf um das Leben des Kindes bereites „Das Kind BLINKT!“

Ich nicht. Noch nie gehört. Geschweige denn miterlebt. Aber gut, das steht hier auch nicht zur Debatte, denn die Frau hat Kinder – und Stress.

Außerdem darf man nicht vernachlässigen, dass sie nicht nur mit den Problemen des jetzigen Lebens zu kämpfen hat, sondern auch im vollen Bewusstsein ihre Fehler aller vorherigen Leben korrigieren möchte – muss – will.

Auf diese stößt sie, als angehende Heilpraktikerin und auch zugegebenermassen etwas zu fanatischer Fan des Übersinnlichen, eher zufällig. So zum Beispiel auf ihre frühere Existenz als Jüdin.

Wir waren in Berlin. Als Spät- und Frühaufsteher teilten wir uns auf. Lil besichtigte morgens alle Museen, während ich ausschlief. Am frühen Nachmittag, alias meinem Morgen, überschnitten sich unsere Tagesrhytmen und wir unternahmen etwas zusammen. Es war unser vorletzter Tag in Berlin. Lil hatte am Abend zuvor irgendetwas von einem Museum erzählt, aber ich hatte nur halb zugehört, da sie ja jeden Abend ihre Route für den nächsten Tag mit mir besprechen, bzw. mir vorsprechen musste.

Als ich aufwachte, war es früher als sonst, circa 12 Uhr 30. Ich zog mich an und marschierte sofort schlaftrunken und halb bewusstlos zur nächsten Bushaltestelle um zum Zoo zu fahren. Ich wollte den damaligen Superstar Berlins live erleben. Knut – das Eisbärenbaby. Der Plan war perfekt. In drei Minuten sollte mein Bus kommen, ich wäre in etwa eineinhalb Stunden und zwei Tassen Kaffee zu Bewusstsein gekommen und hätte so Knut kurz nach Eintreten der Nüchternheit gesehen.

Aber es kam anders. Handy. Am anderen Ende eine verheulte, an Tränen erstickende Lil.

„Ich bin v…r….sa…. worden.“

In meinem morgendlichen Charme entgegnete ich mit einem Gentleman-“Was?“

„ICH BIN VERGAST WORDEN !“ kam energisch, leicht aggressiv durch den Hörer gebrüllt, um aber gleich wieder ins Weinerliche umzuschwenken.

„Wo bist du?“

„Auf dem Klo…“

„Aha – ich fahr` zu Knut!“

Achtung an alle Männer:

Eine heulende Frau, der es schlecht, oder die auch nur annimmt, dass es ihr schlecht ginge, kann blitzartig vom Weinerlichen zum Aggressiven switchen.

„Du kannst mich hier nicht allein lassen, du Arsch. Ich bin VERGAST worden.“

Gegen „vergast worden“ gibt es kein Gegenargument. Also musste Knut dem jüdischen Museum weichen und ich musste eine vergaste 600 Jahre alte Jüdin wieder beleben.

Was tut man nicht für Freunde.


Mein Blog und ich

In 8th sucht die Liebe on Oktober 29, 2010 at 9:06 pm
27, 1,84 m, vermutlich knapp unter 80 kg – wobei ich mich schon zu lange nicht mehr gewogen habe. Dunkle Haare, die ich ein Jahr lange versuchte lang wachsen zu lassen, weil ich mir einbildete, dass es mir stehen könnte, um allerdings dann zu erkennen, dass dem absolut nicht so war. Ein Mann, der deshalb gerade damit beschäftigt ist, alle Fotos, die in jener Zeit entstanden sind nach und nach zu vernichten.
Auf meiner Steuererklärung steht, ich sei Tänzer, Tanzpädagoge und Choreograph. Neuerdings auch Journalist. Habe auch alles schriftlich, wie es sich in Deutschland eben so gehört. Für alles einen schönen Schein mit einem noch schöneren Stempel oder gar einem Siegel. Ob ich das wirklich bin, weiß ich noch nicht. Es fällt mir einfach schwer, mich als solcher zu bezeichnen, da ich mich damit ja zumindest in der Berufsbezeichnung mit meinen Vorbilder auf eine Stufe stellen würde – und dafür ist es in meinen Augen noch zu früh. Viel zu früh. Aber gut – persönliche Bescheidenheit und Respekt vor der Größe anderer haben auf der Steuererklärung nichts verloren.
Bis vor guten zwei Jahren war ich noch Store-Manager eines Ladens in München, der davon lebte, zu Teueres zu teuer an Menschen zu verkaufen, die gerne Teueres zu teuer einkaufen. Ebene der oberen Schicht, die nicht mehr wirklich arbeiten, sondern arbeiten lassen. Es schien unsere Hauptaufgabe zu sein, den Menschen dort gehörig in den Arsch zu kriechen, dabei jeglichen Hauch von Eigeninitiative zu unterbinden und immer nur blöd zu grinsen – das schlug zu sehr gegen meine überproportionale Eigensinnigkeit und das Bedürfnis nach Eigenartigkeit. Und so kündigte ich nach sechs Monaten.
Mich dadurch nun als „Aussteiger“ zu bezeichnen wäre komplett überzogen, denn um ehrlich zu sein, denke ich, dass ich noch nie wirklich „Eingestiegen“ bin.
Ich verkaufte damals alles was ich besaß und begann als Tänzer von einer Produktion zur anderen zu reisen.
Heimatlos. Aus dem Koffer lebend. Behalten habe ich wenig. Alles andere wurde verschenkt, oder wenn möglich verkauft. Es blieb nur das Wichtigste.
So zum Beispiel mein silberner Parker-Füller, den ich in der siebten Klasse von meiner Mutter bekam. An dem hänge ich bis heute. Meine Mutter bekam ihn kurze Zeit zuvor von meinem Vater, benutze ihn allerdings nie (den Füller, nicht den Mann) und so wanderte er zu mir weiter. Ergo: Indirekt ein Geschenk von Mama und Papa.
Den hatte ich auch immer dabei. Alle anderen Sachen, von denen ich mich nicht lösen wollte, wurden in Umzugskartons auf die Wohnungen meiner Freunde und meiner Eltern aufgeteilt und verharrten gute zwei Jahre, bis ich nun vor wenigen Wochen wieder eine eigene Wohnung bezog und jetzt damit beschäftigt bin nach und nach alles wieder zusammen zu tragen und meine eigenen vier Wände einzurichten. Ich habe hierzu natürlich genauste Vorstellungen. Es soll eine Mischung aus IKEA- und Flohmarkt-Möbeln und dem ein oder anderen Designerstück werden. Auch soll in dieser Wohnung eine neue Ära eingeläutet werden: Meine erste Couch. Ein – wie ich finde – sehr entscheidender Punkt auf dem Weg zum Erwachsen werden.
Würde man mich nach meinen Hobbys und Eigenarten fragen, würde ich wohl antworten, dass ich gerne meine Knochen knacken lasse. Dass ich es hasse, wenn mir jemand „aus Spass“ in die Nase kneift (ja – es gibt Menschen, die so etwas tun), weil ich eine chronische Nebenhöhlenentzündung habe und somit immer fürchten muss bei solchen „Spässen“ mein Gegenüber anzurotzen.
An einem Tag, an dem ich mich romantisch fühlen würde, würde ich wahrscheinlich hinzufügen, dass ich es liebe, den Regen zuzuhören, wenn er mit dicken Tropfen gegen die Fensterscheibe oder gegen Laub klopft. Oder noch besser: Nicht klopfen, sondern Hämmern. Donnern.
Ich liebe es meine Umgebung laut wahrzunehmen. Vor allem Musik. Deshalb laufe ich auch meistens mit überdimensionalen Kopfhörern durch die Stadt, um durch sie jeden noch so kleinen Akzent der Musik aufsaugen zu können. Zeitgleich schaffe ich somit eine Art Kokon um mich herum und trage immer meinen persönlichen Soundtrack zu meinem Leben mit mir herum. Oft setze ich mich auch einfach nur in ein Café am Bahnhof und beobachte die Menschen, wie sie zu den Takten der Musik durch die Gänge eilen, hetzen, rennen, schlendern. Seltsamerweise immer richtige Akzente setzen und viel eher den Takt halten, als sie es wohl im bewussten Zustand tun würden. Das macht mir mittlerweile so viel Spass, dass ich es gerne auf mich nehme mit diesem überdimensionalen Kopfhörerkonstrukt des Öfteren zur Belustigung meiner Mitmenschen beizutragen. Aber in diesem Fall steht der Genuss vor der Ästethik.
Auch denke ich, dass ich zu hohe Besitzansprüche in mir trage. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich gerne mitten in der Nacht mit meinem Soundtrack bewaffnet mitten auf der Strasse rumlaufe und mich dabei fühle, als würde sie nur mir gehören.
Wenn ich abends zu Hause bleibe, dann verbringe ich den Abend gerne mit Tee und meiner Lotten-Decke vom IKEA, die ich vor Jahren von meiner besten Freundin geschenkt bekam, auf dem Sofa und schaue eine komplette Staffel Six-Feet-Under auf DVD auf einmal. Oder die Trilogie der X-Men mit Wolverine. Wohl noch ein Überbleibsel meiner Kindheit.
Damals wollte ich immer eine Superheld sein.
„Super-Helden sind bei ihrer alltäglichen Arbeit genügsam, oft unterschätzt und bescheiden. Wenn sie mit anderen Menschen zusammen sind, lassen sie nie jemanden an sich nah genug heran, weil sonst ihre wahre Identität entdeckt werden würde. Und Super-Helden überleben immer. Egal welche Schurken, dunklen Mächte oder Monster sie umbringen wollen. Sie schaffen es immer am Leben zu bleiben.“
Und um ehrlich zu sein, glaube ich, dass bis heute der Wille ein Superheld zu sein, in mir steckt. Und so gehöre ich wohl zu der verstörten Völkergruppe, die auf ihre „übersinnlichen Kräfte“ baut, und bestelle mir Parkplätze direkt vor der Türe beim Universum. Oder esse auf, damit es morgen nicht regnet. Gehe nie unter Leitern durch. Und so weiter. 

An freien Tagen setze ich mich sehr gerne mit meinen Mitmenschen auseinander. Ich beobachte sie, studiere sie förmlich.

Hier hat mir das Schicksal wohl eine Gabe mitgegeben. Ich ziehe scheinbar Menschen an, die das selbe suchen, wonach auch ich mich innerlich verzerre, was ich allerdings nur scheinbar schwer zulassen kann:

DIE LIEBE.

Diesem Thema möchte ich mich in meinem Blog widmen, weil ich mir nichts Grossartigeres vorstellen kann, als frei vor einem Mensch zu sein, fliehen zu können, den Luxus von Vertrauen geniessen und trotzdem nie in Ketten gelegt zu werden.

Mein BLOG.